Sankt Augustin (Germany) –
LEITNING nennt sich ein gerade gestartetes Verbundvorhaben zur Erforschung und Entwicklung eines neuartigen, mobilen und multifunktionalen Batterie-Wechselrichters, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. Dieses System soll es ermöglichen, zukünftig ein hochverfügbares und modulares Wechselstromnetz unter Einbeziehung lokal erzeugter erneuerbarer Energien zur Verfügung zu stellen oder lokal schwache Stromnetze zu stützen. Unter der Leitung der Infineon Technologies AG (München) arbeiten im Konsortium Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS), Fraunhofer IEE (Kassel), SWW Wunsiedel GmbH, FREQCON GmbH in Rethem/Aller sowie SUMIDA Components & Modules GmbH in Obernzell mit.
Obwohl Deutschland über ein hochverfügbares, qualitativ hochwertiges elektrisches Stromnetz verfügt, besteht ein Bedarf an netzstützenden und -regelnden Erzeugungseinheiten bzw. stabilisierenden Netzbetriebsmitteln. Im Projekt LEITNING werden dafür ein neuartiger Batterie-Wechselrichter entwickelt sowie neue netzbildende Regelungsverfahren für den Inselnetzbetrieb sowie den Netzparallelbetrieb erforscht und im Feld erprobt. In dem Wechselrichter kommen moderne Siliziumkarbid-Halbleiter sowie innovative magnetische Komponenten zum Einsatz, die mit Schaltfrequenz von bis zu 200 kHz betrieben werden sollen. Dadurch lassen sich die Kosten des Wechselrichters von heutigen 50 bis 90 auf voraussichtlich 30 bis 60 Euro/Kilowatt reduzieren. Gleichzeitig wird eine Massen-Leistungsdichte von 2,5 kW/kg gegenüber dem Stand der Technik von 2,0 kW/kg angestrebt.
LEITNING steht für „Leistungswandler für die robuste und zuverlässige Energieversorgung durch Integration ‚grüner‘ Generatoren“. Die Arbeiten greifen eng ineinander, so dass die Konsortialpartner zu jeder Zeit intensiv zusammenarbeiten werden. Die Firma FREQCON ist federführend bei der Realisierung des Demonstrators und bei der Bereitstellung des Referenzsystems. Die H-BRS mit Prof. Marco Jung leitet die Topologie-Untersuchungen und Charakterisierung von Systemkomponenten für Simulationen und die Entwicklung optimierter netzbildender Regelungsstrategien. Das Fraunhofer IEE verantwortet die Hardware- und Softwareentwicklung sowie die Realisierung des Labormusters. Für die Erforschung der neuartigen Bauteile sind die Infineon Technologies (SiC-Halbleiter) und das Unternehmen SUMIDA (induktive Bauelemente) zuständig. Der SWW Wunsiedel obliegen federführend die Entwicklung der sogenannten Use Cases, der Netzsimulationen und der Systemvalidierung im Feldtest.
Im Erfolgsfall – das heißt, die technischen Ergebnisse stimmen mit den Projektzielen überein – bedeutet dies wissenschaftlich und technologisch ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. Die Entwicklung des mobilen LEITNING Batterie-Wechselrichters könnte dann ein wesentlicher Baustein einer modernen und hoch zuverlässigen Notstromversorgung mit Systemdienstleistungen im Netzparallelbetrieb bilden und verspricht einen Innovationsvorsprung für die deutsche Industrie.
Indirekt können die Forschungsergebnisse den Entwicklungen anderer Applikationsfelder dienen. Denkbar sind dabei etwa Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie, Energie- und Medizintechnik, Luftfahrt oder Automobil-Industrie, Nahverkehrsinfrastruktur oder maritime Antriebstechnik. Darüber hinaus eignet sich die angestrebte Technologie insbesondere für den Einsatz in infrastrukturschwachen Regionen. Damit ergeben sich auch für das Engagement der deutschen Industrie in Entwicklungs- und Schwellenländer zur Verbesserung der dortigen Energieinfrastruktur und Lebensbedingungen deutliche Vorteile.
Das Gesamtvolumen des Verbundprojekts beträgt bis Ende März 2024 rund 6,42 Millionen Euro, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aus dem 7. Energie-Forschungsprogramm zur Förderung von Hochleistungselektronik für sehr große Strommengen und für die Energienetzstruktur der Zukunft bereitstellt.
Institut für Technik,
Prof. Dr. Marco Jung,
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,
Eva Tritschler
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