Potsdam (08.09.2022) –
Warum hat Technologie, vor allem Informationstechnologie, zwar einen so starken Einfluss auf das Leben aller Menschen, wird aber meist nur von Männern entwickelt? Solche und ähnliche Fragen rund um die geschlechtsspezifische Prägung von Technologie greifen zwei HPI-Studentinnen ab 28. September in einem kostenlosen Onlinekurs “Gender und Technologie” auf. Für das zweiwöchige Angebot kann man sich hier anmelden: https://open.hpi.de/courses/gender2022.
“Immer wieder wirkt sich die geschlechtsspezifische Prägung von Technologie aus”, erklärt Margarete, eine der beiden Kursleiterinnen. Die 21-jährige HPI-Bachelorstudentin verweist zum Beispiel auf Airbag-Systeme, die viele Menschen zunächst nicht genügend schützten, weil sie auf der Basis eines männlichen Normkörpers entwickelt worden waren. “Oder schauen wir auf Online-Formulare, in denen es bei der Geschlechtsangabe nur die Optionen männlich oder weiblich gibt”, ergänzt die Studentin.
“Wir möchten aufzeigen, dass Technologie grundsätzlich nicht als objektiv oder geschlechtsneutral angesehen werden kann”, sagt ihre Kommilitonin Lisa (23). Margarete nennt als Beispiel Apples digitalen Assistenzdienst Siri. Zunächst sei dafür eine weibliche Stimme genutzt worden. Erst seit 2021 könne frei gewählt werden, wie Siri klingt. HPI-Studentin Lisa verweist darauf, dass Technologie durchaus sogar diskriminierend wirken könne, etwa wenn künstliche Intelligenz in der Geschlechtserkennung weiße Männer sehr viel genauer identifiziere als schwarze Frauen.
In ihrem zweiwöchigen Gratiskurs wollen Lisa und Margarete persönliche Erfahrungen mit Geschlecht kritisch reflektieren, hinterfragen und erweitern – immer in Bezug zu aktuellen Technologien. “Nach Abschluss des Kurses werden die Teilnehmenden nicht nur verstehen, dass Technologie geschlechtsspezifische Stereotypen festigen und Diskriminierung verstärken kann, sondern auch was man dagegen tun sollte”, betonen die beiden übereinstimmend. Alles solle dazu beitragen, dass mehr Empathie für andere Menschen und andere Sichtweisen auf Technologie empfunden werde.
Lisa und Margarete haben zu jedem behandelten Aspekt viele Reflexionsfragen vorbereitet, welche den Impuls für muntere Diskussionen im Kursforum liefern sollen. Außerdem präsentieren die HPI-Studentinnen zwei Interviews, welche die Sicht von Forschenden auf Onlineformulare und Datenbanken einerseits sowie digitale Assistenzsysteme andererseits verdeutlichen.
Den Arbeitsaufwand für die Teilnehmenden am Kurs veranschlagen Lisa und Margarete auf rund drei Stunden pro Woche. Es gibt Lehrvideos und Selbsttests, aber keine Programmierübungen und auch keine Abschlussprüfung. Erklärtes Ziel des Onlinekurses ist es, “so viele Hintergrundinformationen und Impulse zu liefern, dass das Nachdenken über das Spannungsfeld Gender und Technologie vertieft wird und die zu beobachtenden Entwicklungen besser eingeordnet werden können”.
Hintergrund zur Bildungsplattform openHPI
Seine interaktiven Kursangebote hat das Hasso-Plattner-Institut als Pionier unter den europäischen Wissenschafts-Institutionen am 5. September 2012 gestartet – auf der Internet-Plattform https://open.hpi.de. Diese bietet seitdem einen Gratis-Zugang zu aktuellem Hochschulwissen aus den sich schnell verändernden Gebieten der Informationstechnologie und Innovation. Das geschieht bislang hauptsächlich auf Deutsch und Englisch. Im Herbst 2017 hat openHPI aber erstmals auch die Online-Übersetzung und Untertitelung eines Kurses in elf Weltsprachen angeboten. Mittlerweile wurden auf openHPI mehr als eine Million Kurseinschreibungen registriert. Rund 307.000 Personen aus 180 Ländern gehören derzeit auf der Plattform zum festen Nutzerkreis. Er wächst täglich. Für besonders erfolgreiche Teilnehmer an seinen “Massive Open Online Courses”, kurz MOOCs genannt, stellte das Institut bisher mehr als 126.000 Zertifikate aus. Das openHPI-Jahresprogramm umfasst zahlreiche Angebote für IT-Einsteiger und Experten. Auch die in der Vergangenheit angebotenen rund 100 Kurse können im Selbststudium nach wie vor genutzt werden – ebenfalls kostenfrei. Studierende können sich für das Absolvieren von openHPI-Kursen auch Leistungspunkte an ihrer Universität anrechnen lassen. Wer sich Videolektionen aus den Kursen unterwegs auch dann anschauen will, wenn keine Internetverbindung gewährleistet ist (etwa im Flugzeug), kann zudem die openHPI-App für Android-Mobilgeräte, iPhones oder iPads nutzen. Partnerplattformen, die mit derselben Lerntechnologie arbeiten, sind zum Beispiel openSAP und OpenWHO. Zudem kommt die HPI-Plattform beim KI-Campus und beim eGov-Campus zum Einsatz.
HPI Hasso-Plattner-Institut,
Christiane Rosenbach und Joana Bußmann